Wemyss Malts Masterclass mit Steven Shand im Scotia Spirit Köln (02.11.2018)
Am vergangenen Freitag fand kurzfristig ein echtes Whisky-Highlight in den neuen Räumlichkeiten des Scotia Spirit statt: Wemyss Brand Manager Steven Shand hielt eine Blending-Masterclass ab und präsentierte außerdem die Blends aus der Standard-Range und die neuen Singlecasks des unanhängigen Abfüllers.
Mit Steven präsentierte sich ein echter Experte für Whisky-Verkostung und Blending den interessierten Teilnehmern, so hatte er vor seiner aktuellen Tätigkeit bereits einen eigenen Whiskyladen, arbeitete bei der Scotch Malt Whisky Society (SMWS) und ist auch heute noch Mitglied in deren Tasting-Panel.
Der Abend startete mit den Blend-Serien von Wemyss-Malts, zunächst kam der Nectar Grove ins Glas. Die funkelnde Verpackung wirkte sehr hochwertig und ließ für den Inhalt einiges erwarten. Der Malt wurde nach seiner Vermählung in Madeira-Fässern, einem portugiesischen Süßwein, nachgereift. Wie nicht anders zu erwarten prägten kräftige fruchtige Zitrusnoten das Erscheinungsbild des Whiskys, wenn auch die Zitrusnote mir etwas zu dominant war. Dennoch ein schöner Auftakt!
Danach gab es gleich zwei Mal den Spice King zu probieren, einmal in Batch Strength mit 57% ABV aus der Flasche und einmal mit 46% live geblendet von Steven Shand. Während des Blending-Vorgangs, der insgesamt sechs Komponenten beinhaltet, erklärte Steven auch, wie er generell beim Blending vorgeht. Wichtig ist es immer, ein klares geschmackliches Ziel vor Augen zu haben und dieses dann in drei Schritten zu erreichen: Die „Base“ bilden, welche für ein geschmackliches Grundprofil des Malts sorgt, dann die Base zu unterstützen, indem man ihr Breite und Tiefe gibt, und schließlich alles mit dem Signature Malt bzw. Dressing Malt abzurunden. Beim Spice King bedeutet dies aktuell drei Malts, die mit 50% Anteil die Base bilden, zwei unterstützende Whiskys mit einem Anteil von 20% (hierfür eignen sich besonders Whiskys mit extremem Geschmacksprofil, um Antritt und Finish der Kreation zu stärken) sowie der Signature Malt mit 30% Anteil.
Zwar konnte man Dank Stevens gütiger Hinweise grob auf die verwendeten Destillerien schließen, jedoch gibt Wemyss bei den Blends nie offiziell die beteiligten Whiskys preis, da man nie die Versorgungssicherheit für die nächsten Jahre sicherstellen kann. So kann es sein, dass ein Whisky aus dem Geschmacksprofil im Folgejahr durch bis zu vier andere ersetzt werden muss, da der im Jahr zuvor verwendete Malt nicht mehr (ausreichend) zur Verfügung steht. Spontan kam aus dem Publikum die Frage, wie Steven als Blender wissen könne, aus welchen Brennereien sich bspw. ein Bananenaroma kreieren lässt. Spontane Antwort: Aus Erfahrung seien hier Deanston, Clynelish und Cragganmore zu verwenden. Mal schauen ob ich das bei Gelegenheit überprüfe!
Der Vertreter des unabhängigen Abfüllers konnte durchaus mit weiteren interessanten Erkenntnissen aufwarten, die man von den Verantwortlichen der Destillerien selbst so nicht zu hören bekommt. So werden von den Abfüllern immer sog. „Parcels“, d.h. Pakete von 15-20 Fässern gekauft. Nicht alle davon eignen sich für die sofortige Abfüllung als Einzelfass oder fürs Blending, weshalb der berühmte Charly MacLean, welcher für die erste Einschätzung der akquirierten Fässer bei Wemyss verantwortlich ist, ein Skalensystem von 1-10 entwickelt hat. Whiskys mit einer Note ab 5 dürfen weiter verwendet werden, Note 3 und 4 werden zunächst weiter gelagert und 2 oder niedriger werden wieder verkauft.
Der dritte Blend des Abends war der Treacle Chest, bei dem die Verpackung eine besondere Rolle spielt: Die untere Hälfte ist kupfern glänzend und soll die Brennerei-Charaktere zum Ausdruck bringen, während die obere Hälfte in Schwarz den Fasseinfluss, welche beide in etwa gleichen Einfluss auf den Geschmack des Whisky haben sollen, darstellt. Nachgereift in First Fill Sherry Hogsheads gab es hier wieder einmal kräftige Fruchtnoten zu bewundern.
Nach den Blends ging es nahtlos weiter zur High-End-Serie des Abfüllers, den sorgfältig ausgewählten Single Casks. Diese sind (mit einer hist. Ausnahme) alle mindestens zwölf Jahre alt, die älteste bisher veröffentlichte Abfüllung hatte satte 35 Jahre auf dem Buckel.
Alle vier in diesem Tasting besprochenen Whiskys sind 2018 abgefüllt worden und alle vier stammen aus den späten 90ern bzw. frühen 2000ern. Von den Regionen her bewegten wir uns ausschließlich aus dem Festland, den Start machte ein Auchentoshan aus den Lowlands gefolgt von zwei Speysidern, einem Dailluaine und einem Glen Elgin. Zum Abschluss gab es mit einem Blair Athol einen kräftigen Highland-Malt.
Die Besonderheit bei Wemyss ist, das jedes Single Cask neben Angaben zum Whisky auch einen Titel als geschmackliche Beschreibung bzw. Überschrift erhält, welche ebenfalls von Charly MacLean vergeben werden. Der Auchentoshan trug den Titel „Preserved Lemons“ und war ein ebenso fruchtiger wie milder Einstieg in das Finale des Abends. Eine interessante Gelegenheit, mal ein Single Cask aus den Lowlands bzw. von Auchentoshan zu probieren, da diese auf dem Markt nicht häufig zu erhalten sind.
Als nächstes folgte mein persönliches Highlight des Abends, ein Dailuaine unter der Überschrift „Lotions and Potions“. Ein Whisky, für den Steven die Beschreibung „geosmin“ wählte, was im deutschen so viel wie „erdig“ bedeuted. Da die Geruchsschwelle für diese Moleküle extrem niedrig ist, war die Erdigkeit im Whisky außerordentlich präsent, mir gefiel dies aber vielleicht auf aufgrund der ungewöhnlichen Note wirklich gut.
Das dritte Einzelfass sollte ein Glen Elgin werden, eine Brennerei die sich laut Steven auch sehr gut für die Verwendung als Signature Malt eignet. In diesem Fall war der Signature Malt aber ein Standalone und trug die Charakterisierung „Peppery Pear Pie“. Ein Malt mit ordentlich Süße und Würze, in dem auch leichte Ingwernoten Anklang fanden. Für mich insgesamt die Nr. 2 im Ranking.
Zu guter Letzt gab es dann noch einen Blair Athol, tituliert mit „Fruit Forager’s Basket“. Wie der Whisky zuvor ebenfalls in Fasstärke abgefüllt präsentierte sich hier zum Abschluss noch einmal ein intensiv fruchtiger Whisky mit einem tollen Bouquet.
Was gibt es nun abschließend zu Wemyss zu sagen? Sehr positiv finde ich, dass sie nicht irgendwelchen Hypes um Farbe oder bestimmten Nachreifungen hinterherlaufen, sondern wirklich den Fokus auf die intensive Analyse und Qualitätsbeurteilung jedes einzelnen Malts legen. Mit ihrer Herangehensweise an das Blending eröffnete sich auch mir noch einmal an ganz neuer Zugang zu dieser Whisky-Gattung. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann natürlich, dass alle Einzelfässer in Fassstärke (leider sind diese überwiegend in 46% ABV erhältlich) abgefüllt werden und man somit selbst ggf. mit der Verdünnung spielen kann.
Insgesamt war es ein toller Abend mit vielen neuen Erkenntnissen für den ich mich ganz herzlich bei Steven Shand bedanke. See you soon in Edinburgh!